Auf dem Hundeschlitten

Sie heißen Alfons, Bärbel, Bartali, Cindy, Didi, Dieter, Doris, Erna, Edgar, Edwin, Erwin, Fred, Hans, Inge, Ingrid, Jochen, Kai-Uwe, Maggi, Olaf, Oscar, Oswald, Tchmil, Waltraud (Walli) – und sie ziehen uns auf dem Hundeschlitten durch Lappland.

Am Anfang Verkrampfung. Die Hände klammern sich fest an den Bügel des Schlittens. Mit den Fußspitzen steht man auf den verlängerten Kufen, die Fersen drücken fest auf eine Matte, darunter Spikes, so kann man den Schlitten bremsen. Doch nach einiger Zeit löst sich die Verkrampfung – und dann kann man die Fahrt mit den Schlittenhunden so richtig genießen.

Zunächst geht es hinunter zum See. Die Spur ist eisig und das macht es auch ein bisschen abenteuerlich auf der abschüssigen Fährte. Durch Tauwetter und anschließende Fröste ist die Spur für die Hundeschlitten ordentlich gefroren. Wer unfreiwillig absteigt, der fällt hart. Doch unten auf dem See geht es dann eben und entspannt voran. Durch die weite Landschaft Lapplands – doch dafür hat man nur kurze Blicke übrig. Denn man muss sich auf die Spur konzentrieren, darauf achten, dass man genug Abstand zum vorderen Schlitten hält und nicht seitlich abrutscht, denn manchmal ist die Spur durch Schneescooter ausgefahren. Faszinierend wenn zwei oder drei Hunde im Gespann uns samt Schlitten über den See ziehen.

Auf der Husky-Farm von Uschi und Steffen

P1370291 Es sind die Schlittenhunde von Uschi und Steffen. Die beiden Deutschen sind vor 14 Jahren nach Lappland gezogen, um sich dort einen Traum zu erfüllen. Sie leben für ihre und mit ihren Hunden – Alaskan Huskys heißt ihre Rasse. Die Hunde faszinieren uns. Sie sind gut erzogen. Wenn wir im weitläufigen Zwinger stehen und 20 Huskys um uns herum springen, dann wollen sie vor allem Streicheleinheiten, keiner bellt uns an.

P1370608Wir machen zwei Hundeschlittentouren mit Uschi (55) und Steffen (50). Wir fühlen uns sehr wohl bei ihnen, dank ihrer Einführung und Begleitung sicher auf den Schlitten und wie zuhause auf ihrer Husky-Farm. Abends gibt es in der runden Hütte mit großem offenen Feuer Elchfleisch.

Mit Touristen wie uns finanzieren die beiden ihr großes Hobby. Viele Gäste sind „Autotester“, wie Uschi und Steffen sie nennen. Denn in dieser Gegend testen die europäischen Autobauer im Winter ihre Neuentwicklungen bei Extrembedingungen. Und die wollen auch mal Hundeschlitten fahren.

39 Hunde gibt es auf der Farm, 35 Huskys, zwei Schnauzer (Carla und Lona) und zwei Pyrenäen-Hütehunde (Motte und Krümel). 22 Kilo Fleisch pro Tag, Trockenfutter, Gespanne, Schlitten, riesige Zwinger (24 Quadratmeter für zwei Hunde sind vorgeschrieben) – das kostet. Steffen arbeitet als Gerüstbauer auf einer norwegischen Bohrinsel vor Stavanger. Dafür fliegt er alle vier Wochen nach Norwegen, arbeitet dann zwei Wochen und hat wieder vier Wochen frei. Uschi arbeitet in der Sommerzeit, wenn die Hunde Pause haben, in der Altenpflege.

Ihre Husky-Farm ist ein Paradies. Dort gibt es eine Hütte mit einer liebevoll eingerichteten Ferienwohnung für vier Personen. Im Winter kann man Schlitten fahren, ausgedehnte Spaziergänge machen und im Sommer bieten sie Touren in die Wildnis und haben auch Kanus und ein Motorboot für Touren über die große Seen.

Im Mittelpunkt stehen die Hunde. Steffen und Uschi züchten sie selber, züchten die Arbeitseigenschaften und den guten Charakter der Tiere. Stundenlang können sie von ihren Hunden und von den Welpen – neun im letzten Jahr – erzählen. Steffen ist auch schon viele Rennen wie den Finnmarksløpet gefahren.

www.husky-farm-veijejaur.se

Vier Messen in 24 Stunden

Zu Besuch bei Pater Antonius in Hammerfest – was ich mit ihm in 36 Stunden alles erleben darf, das hat es in sich. Eine spektakuläre Autofahrt an der Barentsee, eine Schiffsreise mit Königskrabben, ein Besuch am Außenposten der Zivilisation und eine Nacht mit wenig Schlaf.

Pater Antonius Sohler ist Kosmopolit und Missionar. Er stammt aus Heimenkirch im Landkreis Lindau. Theologie hat er in Rom studiert und dort auch gearbeitet, 15 Jahre lang. Es folgten einige Jahre in Amsterdam, schließlich drei Jahre als Priester in Bayern. Und im letzten Jahr war der liebe Gott im Spiel als Pater Antonius genau zur rechten Zeit durch einen Artikel auf die katholische Kirche in Nord-Norwegen aufmerksam wurde. In der Diözese Tromsø, die von der russischen Grenze bis in die Mitte Norwegens reicht, freute sich Bischof Berislav über das Interesse von Pater Antonius. Und nach zwei Besuchen zum Schnuppern ging er im letzten Sommer nach Hammerfest – die nördlichste Stadt der Welt mit der nördlichsten Kirche der Welt!

Von dort aus versorgt Pater Antonius (50) den hohen Norden mit Messen. Jede Woche besucht er auch abgelegene Außenorte, wo er zumeist in evangelischen Kirchen oder Gemeindehäusern Gottesdienst feiert. Die Katholiken dort sind zumeist Einwanderer, viele Polen sind dabei, einige konvertierte Norweger und Touristen. Meistens ist die Zahl der Schäfchen bei den Messen überschaubar. Aber die Gespräche und die Betreuung durch den Pater sind intensiv. Er versteht sich im wahrsten Sinne des Wortes als Missionar – am Außenposten der Zivilisation.

Und so sehen unsere eineinhalb gemeinsamen Tage im Telegramstil aus:

Freitag Abendmesse in Hammerfest

Samstag Morgenmesse in Hammerfest, Abfahrt ins 170 Kilometer entfernte Honnigsvåg, 3 schnelle Stunden auf zum Teil eisigen Straßen an der Barentsee, 13 Uhr Messe für die polnischen Arbeiter in Honnigsvåg. 14.45 Uhr Abfahrt des Hurtigrutenschiffes nach Kjøllefjord, 17 Uhr Ankunft, 19 Uhr Messe für Polen und Norweger, danach Abendessen in einer norwegisch-polnischen Familie, etwas Schlaf

Sonntag, 3 Uhr morgens offiziell Abfahrt Hurtigrute, halbe Stunde Verspätung, 6 Uhr Ankunft Honnigsvåg, Pater Antonius fährt zurück nach Hammerfest, 11 Uhr Messe dort …

Mein Portrait über Pater Antonius aus der Abendschau:

http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/abendschau/pater-antonius-nordkap-100.html

Bei den Samen und Rentieren

Im Sommer gehören sie zum Schrecken der Autofahrer, die Rentiere. Sie überqueren gemächlich die Straßen oder machen es sich dort bequem. Autos nehmen sie nicht als Gefahr wahr und dass darin Menschen sitzen, wird ihnen erst bewusst, wenn diese aus dem Auto aussteigen. Im Winter erinnern im hohen Norden nur die Schilder in den Rentierzuchtgebieten an diese Hirschart. Denn die Tiere ziehen im Winter in großen Herden ins Hinterland. Und so hab ich mich schon darauf eingestellt, keine Rentiere zu treffen.

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Doch dann habe ich angesichts des Wetterberichts beschlossen für die Reise zurück in den Süden nicht die verregnete Küste sondern das Inland zu wählen. Und es war eine gute Entscheidung, denn wenn man durch die ausgedehnten Gebiete der Samen im Grenzgebiet zwischen Norwegen, Schweden und Finnland fährt, dann erfährt man, was Weite ist. Und man trifft Rentiere. Wenn es Euch mal zu eng wird in Mitteleuropa, dann fahrt hierher. Bei meiner Fahrt durch das nördliche Finnland sind mir kaum Menschen begegnet, aber viele Rentiere.

Reiseroute
Meine Reiseroute. Quelle: Google

Auf meiner Route über Karasjok und Kautokeino in Norwegen und durch Finnland bis Kilpisjärvi fahre durch das Land der Samen. Es wird geschätzt, dass etwa 140.000 von ihnen im Norden von Norwegen, Schweden, Finnland und Russland leben. Die meisten in Norwegen und dort gibt es in Karasjok auch das Parlament, wo die Minderheit um ihre Rechte kämpft. Auch die schwedischen Samen haben ein solches Parlament. Den Samen ist das Recht vorbehalten, Rentiere zu züchten. Denn die Herden hier oben leben zwar in der Wildnis und ziehen umher, doch sie werden mehrmals im Jahr mit Helikoptern und Scootern zusammengetrieben. Dann werden die Jungtiere markiert und andere Tiere geschlachtet. Schließlich sind die Rentiere die Lebensgrundlagen der wenigen Samen, die noch Rentiere züchten.

Zwischen Karasjok und Kautokeino begegnen mir erst einige wenige Tiere. Doch dann werden es immer mehr und plötzlich lagert eine riesige Herde entlang der Straße. Die Tiere suchen unter dem Schnee nach Flechten, was an diesem warmen Spätwintertag offensichtlich klappt. Denn der Klimawandel hat auch für die Rentierzucht folgen. So taut mittlerweile der Schnee auch während des Winters an und friert dann an kälteren Tagen wieder fest. Und durch den gefrorenen Schnee können die Rentiere die Flechten, ihre Hauptnahrung, nicht riechen. Mittlerweile müssen die Rebtierzüchter deshalb auch zufüttern. Immer wieder sieht man große Futterballen am Straßenrand liegen.

Weiter geht es durch die beeindruckende Landschaft der Finnmark und Lapplands zurück zu meinem Ausgangspunkt Tromsø.

 

 

Strapazen in der Finnmark

Am Ende sehen die Musher, so heißen die Führer der Hundegespanne, richtig fertig aus. Die Hunde wirken noch deutlich frischer. Ich bin dabei als an einem strahlenden Sonnentag in Alta zwei Schlittenhundegespanne nach einer Woche und 1000 Kilometern in der Wildnis die Ziellinie des Finnmarksløpet passieren.

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Der Finnmarksløpet ist eines der größten und nördlichsten Hundeschlittenrennen der Welt. Und der 1000-Kilometer-Lauf ist der längste Wettbewerb in Europa. Es gibt auch einen 500-Kilometer-Lauf. Das Rennen gilt als anstrengend und ist berüchtigt wegen der klimatischen Bedingungen und mitunter schlechten Trails. In der Region rund um Alta wird der Finnmarksløpet und werden die Musher und natürlich die Huskys groß gefeiert. Schulkinder und Schaulustige stehen im Zielraum mitten in der Stadt Alta, um beim Zieleinlauf zu jubeln. Platz eins belegt der Schwede Petter Karlsson und schon 13 Minuten später kommt mit Marit Beate Karin mit der Startnummer 26 die erste Norwegerin ins Ziel. Sie sieht echt geschafft aus, aber glücklich. Die Hunde wirken frisch, manche von ihnen haben kleine Socken über den Pfoten.

Im Zielraum muss sie erstmal Interviews geben, das Spektakel wird auch vom norwegischen Fernsehen begleitet. Bei den obligatorischen Fotos hält Marit immer ihren Leithund im Arm. Schließlich werden die Tiere zum Fahrzeug gebracht. Es gibt erstmal ein Leckerli und richtig Futter. Immer in der Nähe die Veterinäre, die den Zustand der Tiere beobachten. Denn die Norweger legen großen Wert auf die Gesundheit der Tiere.