Photovoltaik soweit das Auge reicht: Bayerns größte Freiflächen-Photovoltaik-Anlage (PV) steht bei Berg im Gau im Donaumoos. Doch damit nicht genug der Superlativen: das Donaumoos ist Süddeutschlands größtes Niedermoor und das gilt es zu retten. Allerdings sorgt die Frage, wie man es retten kann für Streit.
Kohlenstoffspeicher Moor
Der Besuch von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Mai 2021 lenkte den Blick auf das Donaumoos. Söder kündigte 200 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre an, um das Moor vor der endgültigen Zerstörung zu retten. Zwar gibt es seit dem Jahr 2000 ein Entwicklungskonzept für das Donaumoos, doch passiert ist seitdem wenig. Klar ist: Teile des Moores müssen wiedervernässt werden, um es zu erhalten. Denn seitdem der Mensch vor über 200 Jahren begonnen hat das Moor trockenzulegen und zu besiedeln, verliert es Jahr um Jahr Zentimeter um Zentimeter an kostbarem Moorboden. Unvorstellbare drei Meter ist das Moor seitdem gesunken. Auch heute gibt es im Donaumoos viele Drainagen, die das Moor über Gräben entwässern. Und das obwohl man weiß, dass das für den Moorschutz katastrophale Folgen hat. Und: das Moor ist ein riesiger Kohlenstoffspeicher. Durch die Entwässerung werden große Mengen des Klimakillers CO2 freigesetzt.
Photovoltaik als Rettung?
Ideen für die Rettung des Donaumooses gibt es viele. Und es gibt auch viele Skeptiker. Vor allem intensiv wirtschaftende Landwirte und die Menschen, die in den markanten Straßendörfern des Donaumoos leben, fürchten um ihre Lebensgrundlage, wenn der Grundwasserspiegel angehoben wird. Sie sorgen sich vor Mückenplagen und dass ihr Grundbesitz an Wert verliert – nachvollziehbar. Allerdings geht es bei der geplanten Wiedervernässung lediglich um 2000 der insgesamt 18.000 Hektar Fläche des Donaumoos.
Eine Idee zur Rettung der Moorflächen sind die Freiflächen-PV-Anlagen. Und schon vor Söders Startschuss baute das Unternehmen Anumar aus Ingolstadt bei Berg im Gau im Donaumoos Bayerns “größten Solarpark”, vom Unternehmen auch als “Bayerisches Leuchtturm-Projekt” gefeiert. Für die Gewinnung regenerativer Energie hat es tatsächlich Signalwirkung. Ein Park ist es freilich nicht. Es sind bislang rund 140 Hektar mit PV-Modulen bebaute Landschaft. Außerdem läuft eine Erweiterung um 60 Hektar. In der bisherigen Anlage wird Strom für 30.000 Haushalte, also rein rechnerisch für den gesamten Landkreis Neuburg-Schrobenhausen erzeugt. Um die großen Strommengen ins Netz zu bringen, wurde sogar ein eigenes Umspannwerk gebaut.
Ich begleite den Bau und Betrieb der Anlagen für den Bayerischen Rundfunk seit langem. Ein spannendes Projekt mit vielen Vorteilen. Die Energiewende wird voran getrieben, Solarstrom kann mittlerweile durch den direkten Verkauf an große Stromversorger gewinnbringend auch ohne EEG-Umlage produziert werden. Das macht Hoffnung. Zudem werden die Flächen einer intensiven und damit für das Moor schädlichen Bearbeitung entzogen. Bei einem Rundgang für einen Beitrag in den ARD-Tagesthemen zeigen mir Großgrundbesitzer und Landwirt Alexander von Zwehl, dem die Fläche gehört, und Anumar Geschäftsführer Markus Brosch stolz die Artenvielfalt in der Freiflächenanlage. Wir sehen Rebhühner, Rehe mit ihren Kitzen und tatsächlich auch Wiesenbrüter wie die Bekassine und den Kiebitz. Sie brüten dort, wo das Donaumoos infolge starker Regenfälle der letzten Zeit feucht ist und das Wasser regelrecht in der Anlage steht. Alexander von Zwehl plädiert dafür, die Natur sich hier selber zu überlassen.
Experten verlangen Wiedervernässung
Doch die Experten aus den Naturschutzbehörden und von den Naturschutzverbänden sehen das anders. Und im Grunde gibt Landwirt Alexander von Zwehl ihnen recht. Denn dort wo die Flächen unter Wasser stehen, gedeiht die Artenvielfalt und die kostbare Moorerde wird gemeinsam mit dem Kohlenstoff gebunden. Deshalb fordern die Experten, dass die gesamten PV-Anlagen planmäßig wiedervernässt werden. Das Grundwasser, so Günter Krell vom Bund Naturschutz Neuburg-Schrobenhausen, solle bis auf 10 Zentimeter unter der Bodenoberfläche angestaut werden. Dann erst seien die PV-Anlagen in der Verbindung von Moorschutz und Energieproduktion perfekt. Es reiche nicht nur PV-Anlagen aufzubauen. Und tatsächlich sind die Pfosten, die Anumar für die Anlagen in den Moorboden treibt, nach eigenen Angaben für die Wiedervernässung geeignet. Sie werden übrigens nicht betoniert, sondern nur mit einer Ramme tief in den Boden getrieben, damit sie auch wieder entfernt werden könnten.
Moratorium contra Goldgräberstimmung
Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz sorgen sich vor zuvielen PV-Anlagen im Donaumoos. Denn dort herrscht bei Investoren mittlerweile Goldgräberstimmung, Dutzende PV-Anlagen sind beantragt und geplant. Abgesehen davon dass die beeindruckende und einmalige Landschaft dann optisch ihren Charakter verlieren würde, fordern die Naturschützer nun ein Moratorium für neue PV-Anlagen. Zunächst müsse eine Gesamtplanung der Flächen für das Donaumoos stattfinden, wie sie auch im Entwicklungskonzept geplant ist. Und dann müsse man sehen, wieviele PV-Anlagen wirklich gebaut werden könnten. Bereits jetzt leiste die vorhandene Anlage einen “überdurchschnittlich hohen Beitrag für die Freiflächen-Photovoltaik in der Region”, so der Bund Naturschutz in einer Pressemitteilung. Neue Anlagen dürften nur mit einer vorgeschriebenen Wiedervernässung genehmigt werden.
Diese Wiedervernässung ist eigentlich auch für die bestehende Anlage geplant. Ein Pilotprojekt gemeinsam mit dem Landesamt für Umwelt ist geplant. Das Bayerische Umweltministerium teilt auf Anfrage mit: “Dazu arbeitet das Landesamt für Umwelt aktuell an einer Handreichung für die Genehmigungsbehörden. Dabei gilt es, die zahlreichen Facetten, wie Moor- und Klimaschutz, Energiegewinnung, Wiedervernässung sowie landwirtschaftliche Nutzung zu berücksichtigen. Parallel ist beabsichtigt, die potentiellen Synergien von PV-Anlagen und Moorschutz in einem Pilot-Vorhaben zu untersuchen.” Leider, so muss man sagen, verzögert sich dieses Projekt. Im Donaumoos drängt die Zeit, denn Bayerns größtes Niedermoor muss gerettet werden. PV-