Tansania und Bayern – eine lebendige Partnerschaft

Die Freude und Fröhlichkeit steckt an. Der Chor der Massai-Gemeinde begrüßt uns singend in der Steppe im Norden Tansanias. Wir Gäste bekommen ein Kreuz als Begrüßungsgeschenk umgehängt. Es erinnert mich täglich an diesen besonderen Sonntag in der Sichtweite des Kilimanjaro.

Die Gemeinde gehört zur ELCT – zur Evangelisch Lutherischen Kirche in Tansania. Und die ist seit Jahrzehnten Partner der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Der Gottesdienst findet in der neu gebauten Kirche mit dem Namen Jerusalem statt. Sie ist noch nicht ganz fertig, doch das Wellblech-Dach – mitfinanziert von den Partnern in Bayern – ist schon drauf und schützt vor der Sonne. Eine einfache Kirche, begeisternde Christen mit einem sensationellen Chor und der engagierte Evangelist Humphrey Mushi – mehr braucht es nicht für einen für mich unvergesslichen Gottesdienst. Humphrey hat an diesem Tag vier Gottesdienste und besucht sie – wie es in Tansania üblich ist – per Motorrad. So kommt er gut durch die Steppe zu seinen Gemeinden.

Eine Kirche mit vielen Aufgaben

Vier Tage lang reise ich mit Monika Caspary durch die Region rund um den Kilimanjaro. Sie ist die Ansprechpartnerin von Mission EineWelt vor Ort – dem Centrum für Partnerschaft, Entwicklung und Mission der Evangelischen Kirche in Bayern. Mission EineWelt betreibt in Tansania keine eigenen Projekte, unterstützt aber auf Anfrage Projekte der Partner vor Ort. 

Und die Projekte und Aufgaben sind sehr vielseitig, davon kann ich mich im Auftrag von Mission EineWelt selber überzeugen. Zu den Aufgaben gehört unter anderem die Krankenversorgung. Wir besuchen das Selian Lutheran Hospital nahe Arusha. Die Kirche betreibt 24 Krankenhäuser im ganzen Land und damit rund ein Fünftel der Einrichtungen in Tansania, erklärt uns der leitende Bischof der ELCT Fredrick Shoo. 

Im Krankenhaus berichtet uns der leitende Arzt Dr. Marco Elibariki, dass viele Menschen in Tansania keine Krankenversicherung haben. Wer ein geringes Einkommen oder keine Arbeit hat, der hat keine Versicherung. Doch in den kirchlichen Krankenhäusern wird allen Patienten geholfen. Finanziell unterstützt wird diese Arbeit von den vielen Partnerkirchen der ELCT auf der ganzen Welt. 

Die Kirche wächst

Mit rund neun Millionen Mitgliedern ist die ELCT eine der größten lutherischen Kirche weltweit, so der Bischof. Die 27 Diözesen sind über das ganze Land verteilt. Für die Gesellschaft in Tansania spielt die Kirche eine große Rolle bei den aktuellen Herausforderungen. Die sind sehr vielfältig.

So betreibt die Kirche zum Beispiel die Faraja-Farm im Hochland nahe dem Mount Meru. Dort macht den Mitarbeitern die Klimakrise und die große Trockenheit zu schaffen. Deshalb experimentiert man dort jetzt mit dem Anbau von Avocados – jede Pflanze wird einzeln per Leitung bewässert. Die Folgen der Klimakatastrophe sind in Tansania immer stärker zu spüren. Zur Farm gehört auch die Diakonenschule der ELCT – in Partnerschaft mit der Rummelsberger Brüderschaft. Und die Diakone engagieren sich zum Beispiel in fünf Tageseinrichtungen für junge Menschen mit Behinderungen. 

Mit jungen Menschen mit Behinderungen wird auch im Ort Usa River gearbeitet. In einem Zentrum der Kirche können die jungen Menschen hier eine weiterführende Schule besuchen oder eine handwerkliche Ausbildung machen. Nicht weit entfernt ist in Makumira die große theologische Hochschule der ELCT. Ungewöhnlich für uns – in der theologischen Hochschule kann man auch Jura oder Erziehungswissenschaften studieren. Die Theologie ist die kleinste Fakultät. 

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Ich erlebe bei meiner Rundreise im Januar 2023 eine selbstbewußte, wachsende und sehr vielseitige lutherische Kirche. Für viele Menschen in dem aufsteigenden Land mit all seinen Problemen bedeutet die Kirche Hoffnung. Im Auftrag von Mission EineWelt habe ich einen Film über die lebendige Kirche in Tansania und die Partnerschaft produziert. 

Ein Haus aus Müll in Tansania

Markus Heinsdorff möchte die Welt ein bisschen besser hinterlassen als er sie vorgefunden hat. Und er lässt nicht locker. Viele Jahre lang hat der Münchner Künstler das Projekt eines Hauses aus Plastikmüll geplant und jetzt im Januar 2023 konnte er es endlich in Tansania realisieren. Zwei Wochen lang hat er gemeinsam mit dem Münchner Architekten Benedikt Hartl auf dem Gelände des Arusha Technical College (ATC) mit angehenden Mechanikern und Studierenden der Hochschule das kleine Haus realisiert. Und ich konnte die beiden dabei begleiten.

Leere Plastikflaschen gehören in Tansania leider zum Landschaftsbild. Wer hier Wasser trinken will, der braucht sie, denn das Leitungswasser muss man abkochen, um es zu trinken. Die leeren Flaschen werden zu einem erheblichen Teil einfach in die Landschaft geworfen, Mülleimer sucht man in der Stadt Arusha vergebens. Plastikmüll ist eine Realität und Markus Heinsdorff versucht das Problem kreativ anzugehen. Warum, so dachte er sich schon bei früheren Projekten, setzt man die gereinigten Plastikflaschen nicht als Dämm- und Füllstoff am Bau ein. Damit löst man zwei Probleme auf einmal, denn die stark wachsende Bevölkerung in Afrika braucht dringend ein Dach über dem Kopf. Und zugleich wird das Müllproblem dadurch geringer. 

Tatenlos ist man in Tansania übrigens nicht: Plastiktüten sind dort zum Beispiel verboten. Schon vor der Landung mit dem Flugzeug wird man darauf hingewiesen, dass auf die Verwendung der Tüten Strafen stehen. und Schilder weisen darauf hin. Doch das größte Problem im Land sind die Plastikfalschen. Im Haus in Arusha sind viele Säcke voller Plastikflaschen verbaut. 

Und außerdem will Heinsdorff anregen, kreative Lösungen zu finden. Bei dem Projekt sollen beide Seiten voneinander lernen. Im College läuft das Projekt zweigleisig. Junge angehende Mechaniker lernen den Umgang mit Leichtmetall, das die beiden Münchner als Baumaterial für die Gabionen einsetzen. In sie werden die Plastikflaschen später eingefüllt. Zugleich wird in einem Seminar mit angehenden Ingenieuren der Einsatz von Plastikmüll als Wertstoff diskutiert. Noch erzeugt jeder Tansanier weniger als die Hälfte Plastikmüll als wir Deutschen oder gar die Amerikaner. Doch es gilt diesen Trend zu stoppen und ein Bewusstsein für das Umweltproblem zu schaffen – deshalb hat Heinsdorff die Häuser aus Müll erfunden.

Vor Ort im College begegnen Hartl und Heinsdorff viele Probleme. Sie müssen die Mitarbeitenden des ATC und die Lernenden von ihren technischen Lösungen überzeugen und immer wieder aufs Tempo drücken, mit Einheimischen Baumaterial und Werkzeug in der florierenden 400.000-Einwohner-Stadt Arusha besorgen. Die beiden Münchner kennen die Schwierigkeiten, denn sie haben beide viel Erfahrung mit Projekten in Afrika. Architekt Hartl hat einst ein Semester in Daressalam in Tansania studiert. 

Markus und sein Projektpartner Haymale vom ATC wünschen sich, dass das Projekt viele Nachahmer findet und die Studierenden inspiriert, das Müllproblem kreativ anzupacken. Es geht ihm auch darum den Verbrauch von Erdöl für die Plastikproduktion zu verringern. 

Auf dem Gelände des Arusha Technical College steht jetzt ein Prototyp des neuen Hauses aus Plastikmüll. Dank der Hartnäckigkeit von Markus Heinsdorff, der mit einem weiteren internationalen Projekt überzeugt. 

Und ein Kleines Detail zeigt noch die große Zuneigung von Markus Heinsdorff und Benedikt Hartl zu Afrika: obwohl sie bis in die Nacht vor der Eröffnung hart an der Fertigstellung arbeiteten, fanden sie noch die Zeit auf den Märkten von Arusha nach Stoffen der Massei zu suchen, die sie von einer Schneiderin zu Vorhängen für das Haus aus Plastik haben nähen lassen. 

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Mein Vorbericht zum Projekt aus der BR Abendschau.