Begeisterung fürs Baltikum

Wir kennen den Norden gut. Und wir haben unsere Lieblingsplätze. Doch das Baltikum hat das Zeug dazu, unser neuer Favorit im Norden zu werden. Es hat viel von unserem geliebten Skandinavien – und dazu noch einige Vorteile: es ist deutlich näher, einsam, hat geniale Plätze zum genießen und übernachten, die Menschen sind kontaktfreudig und gesprächig und es ist deutlich günstiger als viele Länder Skandinaviens. Wir nehmen Euch mit auf unsere Reise im August 2024 durch Litauen, Lettland und Estland.

Die Kurische Nehrung

Wir beginnen gleich mit einem Highlight: die Kurische Nehrung. Eine geniale Fährverbindung von Kiel ins litauische Klaipeda – das frühere Memel – bringt uns bequem an den Ausgangspunkt. Wir entscheiden uns, die Kurische Nehrung, eine ausgedehnte Dünenlandschaft zunächst vom litauischen Festland aus anzusehen, vom Kurischen Haff. Zwischen uns und der Dünenlandschaft liegt Süßwasser, hinter der Nehrung die Ostsee. 

Und dann geht es mit einer kurzen Fähre von Klaipeda auf die Kurische Nehrung. Dünen soweit das Auge reicht. Bis Nida kann man reisen, dahinter liegt die Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad. Beim wandern durch die Dünen südlich von Nida ist die Grenze in sicherer Entfernung. 

Die Dünen sind gefährdet und streng geschützt. Deswegen kann man sie nur an wenigen Stellen besuchen. Spannend der Dünenweg bei Prevalka. Kreuze im Sand erinnern an Dörfer, die der Sand der Nehrung im Laufe der Zeit unter sich begraben hat. 

Die Fischerhäuser von Nida

Nida ist der bekannteste und größte Ort auf dem litauischen Teil der Kurischen Nehrung. Bekannt ist er vor allem für seine hölzernen Fischerhäuser. Und für das Ferienhaus von Thomas Mann. Er ließ es nach seinem ersten Besuch 1930 erbauen und konnte es wegen des Nationalsozialismus nur zwei Sommer lang bewohnen. Heute ist dort ein Museum untergebracht und erinnert an ihn. 

Die Ostseeküste von Lettland

Nördlich von Klaipeda beginnt bald Lettland. Bald erreichen wir Liepaja. Die prächtige russisch-orthodoxe Kathedrale erinnert daran, dass in den Ländern des Baltikum noch viele Russen leben. Die Kathedrale steht inmitten von Plattenbäuden und alten Militärgebäuden im ehemaligen Sperrgebiet der Roten Armee zu Zeiten der Sowjetunion. Wir finden hier immer wieder Relikte und Spuren der Sowjets. Das Zusammenleben in den baltischen Staaten ist nicht immer einfach, denn viele der russischstämmigen Bürger haben zwar die jeweilige Nationalität von Litauen, Lettland oder Estland angenommen, sprechen aber kaum die jeweilige Landessprache. Russische Enklaven, die in Zeiten des Krieges von Russland gegen die Ukraine für Spannungen im Baltikum sorgen. 

Absolut friedlich und in weiten Teilen traumhaft einsam die Ostseeküste in Lettland. Hier trifft man an sauberen schönen Stränden nur wenige Menschen und hat viel Natur für sich. Die Steilküste bei Jurkaine hat es uns besonders angetan. 

Bald geht die Reise hier weiter …

Kein “Top Gun” – mit der Luftwaffe im Baltikum

Es ist der 29. Februar 2024. Der Tag an dem Putin in seiner Rede an die Nation wieder einmal den Westen warnt und der NATO die Schuld für seinen Krieg gibt. Am gleichen Tag um die Mittagszeit starten rund 200 Kilometer von der russischen Grenze entfernt in Lettland zum ersten Mal zwei Eurofighter der deutschen Luftwaffe aus Neuburg an der Donau zu einem Kontrollflug in den grauen Himmel. Neun Monate lang werden Soldatinnen und Soldaten vom Taktischen Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg den Luftraum über dem Baltikum überwachen. 


Deutsche Kampfflugzeuge über dem Baltikum! „Show forces“ sagen die Militärs dazu – ein Kräftespiel am Himmel. Und ich bin mit meiner ausführlichen Berichterstattung für den Bayerischen Rundfunk automatisch ein Teil davon. Ein Soldat erzählt uns, dass einer meiner Beiträge in russischen Medien gezeigt wird. Der Aufenthalt auf dem Flugplatz Lielvarde, 50 Kilometer östlich der lettischen Hauptstadt Riga, macht nachdenklich. Und ist spannend.


Ich bin dabei als die Eurofighter-Piloten und -Techniker die Alarmstarts üben. Innerhalb von 15 Minuten nach Alarmierung durch die NATO müssen die Eurofighter gestartet sein. Meist geht es schneller. Besonders spannend auch die Bewaffnung der Eurofighter. Die Bordkanone wird bestückt und Lenkwaffen unterschiedlicher Reichweite werden angebracht. Und ich bin beim ersten Start der Eurofighter dabei.

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“Air Policing Baltikum”


Das sogenannte „Air Policing Baltikum“ gibt es schon seit 20 Jahren. Der Hintergrund: Weil Litauen, Lettland und Estland über keine ausreichende Luftwaffe verfügen, überwachen andere NATO-Staaten den Luftraum. Alle drei Länder haben eine Grenze zu Russland. Und alle drei Länder haben Angst vor einem Überfall Russlands. Sie alle waren einst Teil der Sowjetunion. Und in dieser Zeit siedelte die Sowjetunion zum Beispiel in Lettland ganz bewusst Russen an. Ein Drittel der Bevölkerung ist russischstämmig – gerade in der östlichen Region Lettlands und in der Hauptstadt Riga. Russisch ist als Sprache weitverbreitet. 

 

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine dauert nun schon zwei lange Jahre. Das hat auch das Zusammenleben in den baltischen Staaten erschwert. So leben in Lettland Russen, die die lettische Sprache nicht sprechen.  Doch jetzt verlangt Lettland von den Russen im eigenen Land einen lettischen Sprachtest. Wer ihn nicht macht oder nicht schafft, soll Lettland verlassen. Angespannt auch die Lage in den anderen Staaten. Russland hatte im Februar Estlands Ministerpräsidentin Katja Kallas zur Fahndung ausgeschrieben. 

 

Und in dieser spannungsgeladenen Zeit kommen zum wiederholten Male deutsche Kampfpiloten – wie auch Piloten anderer NATO-Staaten – mit ihren Flugzeugen ins Baltikum, um die Länder zu schützen. Ein deutliches Zeichen. Als Journalist bin ich mir natürlich bewusst, dass auch meine Berichterstattung von der Bundeswehr und der NATO gewünscht ist.

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Die Neuburger Piloten wissen um ihre Verantwortung, wenn sie im baltischen und im internationalen Luftraum unterwegs sind. Das sind keine „Mavericks“ aus „Top Gun“, wie sie Ministerpräsident Markus Söder beim Verabschiedungsappell in Neuburg genannt hat. In der Truppe kann man darüber nur den Kopf schütteln. Diese Piloten gehen sehr ernsthaft ihrer Aufgabe nach, NATO-Staaten zu schützen. Vor allem im internationalen Luftraum über der Ostsee sind Begegnungen mit russischen Militärflugzeugen für die Luftwaffenpiloten Alltag. Hier darf jedes Flugzeug fliegen. Russland nutzt diesen Luftraum zum Beispiel zur Verbindung mit seiner Exklave Kaliningrad zwischen Polen und Litauen. Pilot Holger erzählt im Interview ganz offen von diesen Begegnungen. Zum Beispiel in meinem “Thema des Tages” in BR24:

 https://www.br.de/mediathek/podcast/br24-thema-des-tages/bundeswehr-im-baltikum-an-vorderster-front/2090828

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Die Bundeswehr hat uns in Deutschland lange Jahre nicht wirklich interessiert. Wehrpflicht abgeschafft, bei Personal und Ausrüstung gespart und die Truppe wurde auch nicht wirklich ernst genommen. Doch jetzt ist alles anders. Mit dem Beginn des Krieges von Putin und Russland gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 haben sich die Zeiten geändert. In weiten Teilen der Bevölkerung haben sich das Bewusstsein und auch die Einstellung zur Bundeswehr seitdem gewandelt. Offen wird diskutiert, wie die Truppe gestärkt wird, damit Deutschland endlich eine verlässliche Armee bekommt. Waffenlieferungen an die Ukraine und die Wiedereinführung der Wehrpflicht werden diskutiert. 

Weltgeschehen hautnah

Als ich gerade aus Lettland abgereist bin, veröffentlicht Russland den Mitschnitt einer Konferenz hochrangiger Luftwaffen-Generäle, der Taurus-Abhörskandal. Zwei der abgehörten Generäle kommen genau an diesem Tag nach Lielvarde, um dort mit dem lettischen Verteidigungsminister die deutsche NATO-Mission für die nächsten neun Monate zu starten. Brigadegeneral Frank Gräfe ist auch dabei. Er war von 2013 bis 2015 Kommodore des Neuburger Geschwaders und ist wohl für das Datenleck verantwortlich, wie wenige Tage später Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius bekannt gibt. Frank Gräfe ist den Neuburgern und mir als Journalist bekannt. Weltgeschehen hautnah. Wenn auch nicht gerade so wie man es sich wünscht.


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