Die neue Völkerwanderung – Georg Mascolo

“Wir schaffen das” – der Satz von Angela Merkel ist “ebenso mutig wie schwierig. Denn was dieses DAS sein wird, wissen wir noch nicht. (…) Nun steht dieser Satz im Buch der Deutschen. Er gehört uns nun allen, auch denjenigen, die ihn nicht gesagt haben. Er ist unsere Verpflichtung.” Das sagt Georg Mascolo am Ende seiner nachdenklichen Rede beim Jahresempfang der Evangelischen Akademie Tutzing und wünscht allen ein tatkräftiges Jahr, das anders enden möge als es begonnen hat.

Georg Mascolo, früher Spiegel-Chefredakteur, heute Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung, erinnert gleich zu Beginn seines Festvortrages “Exodus – Politik, Medien und die neue Völkerwanderung” an die deutsche Geschichte. Denn in der Folge des 2. Weltkrieg wurde 1951 die Genfer Flüchtlingskonvention beschlossen, ein modernes Flüchtlingsrecht – Deutschland als Auslöser. 65 Jahre später ist “es dieses Deutschland, ohne dessen Barbarei es wohl gar kein Flüchtlingsrecht geben würde, das nun, ziemlich allein, ohne die USA und ohne fast alle der europäischen Partner die Regeln und Reichweite es humanitären Grundrecht neu bestimmt. Es ist ein Rendezvous mit der eigenen Geschichte.”

Mascolo beschreibt die Verantwortlichkeiten, die plötzlich auf Deutschland zukommen. Auf ein Land, das sich abgeschottet hat. Bis die Kanzlerin im Angesicht der syrischen Menschen und der Bilder vom Bahnhof in Budapest entschieden hat, die Menschen ziehen zu lassen. Dafür sei er dankbar: “Gut, dass sie es getan hat.” Und zur Debatte über Obergrenzen: “Wir können nicht bestimmen, wie viele noch zu uns kommen, sagt die Kanzlerin und damit wird sie wohl Recht behalten.”

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Bis dahin hat Deutschland einige Fehler gemacht: einen Bürgerkrieg vor der eigenen Haustür ignoriert, zugeschaut, wie junge Menschen, die unter uns groß wurden, sich radikalen-islamistischen Gruppen und Terror-Milizen angeschlossen haben; und Waffen in Krisenregionen verkauft. Geirrt haben sich auch Journalisten, sagt Mascolo. Er wünsche sich in diesen Zeiten von den Medien eher Zurückhaltung als Zuspitzung. Die wichtigste Regel derzeit lautet: “Die Geschichte muss stimmen.”

Schließlich kehrt der Journalist noch einmal zur deutschen Geschichte zurück: “Aufgrund unserer Geschichte sollten wir großzügiger sein, als andere.” Auch weil es die wirtschaftliche Lage zulässt. Doch auch die europäischen Partner gefordert.

Landesbischof
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm

Einfache Lösungen für so ein komplexes Problem wie die neue Völkerwanderung gibt es nicht. Das ist die Erkenntnis aus dem Jahresempfang. Nachdenklich sei der Festvortrag von Georg Mascolo gewesen, sagt Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm. Eine Nachdenklichkeit, die er sich auch von der Politik wünscht. Denn politische Symboldebatten zu führen, bringt uns nicht weiter. Wer Vorschläge in der politischen Debatte macht, der muss auch sagen, wie die vorgeschlagenen Maßnahmen funktionieren sollen. Und das gilt natürlich auch für die Debatte um eine Obergrenze von Flüchtlingen.

In Orten wie der Evangelischen Akademie Tutzing, betont deren Direktor Udo Hahn, können Ängste abgebaut und Lösungsmöglichkeiten diskutiert werden – ein Ort für komplexe Lösungen.

Und ein Ort für magische Momente am Starnberger See.

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Rückblick und Ausblick

Wir blicken auf ein erfolgreiches und glückliches Jahr 2015 zurück. Doch darf man das angesichts der Krisen auf der Welt und der düsteren Szenarien vieler Politiker überhaupt sagen und schreiben? Ja, denn weder steht unser Land vor einer “Flüchtlingskatastrophe” – dieses Wort gehört nicht zu meinem Wortschatz -, noch ist der Wohlstand ernsthaft gefährdet. Im Gegenteil, ich gehöre zu denen, die glauben, dass unser Land die große Zahl von Flüchtlingen gut gemeistert hat und meistert. Und unser Land steht gut da. Die Wirtschaft brummt und wer sich mal mit Arbeitgebern unterhält, zum Beispiel aus dem Handwerk, der weiß, dass Deutschland die Flüchtlinge braucht.

Natürlich gibt es Menschen, die schwarz sehen und Medien schelten, diese würden “Euphoriejournalismus” betreiben. Besonders merkwürdig finde ich, wenn Journalisten selbst kritisieren, dass Medien positiv über die Ankunft und Aufnahme der Flüchtlinge in unserem Land berichten. Das Flüchtlingsthema wird uns auch 2016 begleiten und das ist gut so.

Ausblick

Ich freue mich auch im neuen Jahr auf viele spannende Begegnungen mit Menschen, die etwas zu erzählen haben. Gerade bei der abwechslungsreichen Arbeit für die Abendschau des Bayerischen Fernsehens treffe ich immer wieder auf interessante Menschen, deren Weg ich auch nach dem Dreh nicht aus dem Augen verliere. Oft kann man die Geschichten weiter erzählen und verflogen. Das freut mich ganz besonders.

Und so werde ich im Jahr 2016 mit der bild-schön medienproduktion wieder Bischof Berislav in Tromsø in Norwegen besuchen und mit ihm drehen. Seit Jahren kreuzen unsere Wege sich immer wieder.

https://bild-schoen-medien.de/besuch-bei-guten-bekannten

Besonders spannend: zum ersten Mal werden wir in den skandinavischen Winter – rund um Ostern – starten. Dabei werden wieder viele Fotografien und filmische Eindrücke entstehen.

Schließlich plant die bild-schön medienproduktion 2016 das Projekt “The Floating Piers” von Christo im Juni am Iseosee in Italien zu begleiten. Schon 1995 hat uns die Verpackung des Reichstags in Berlin begeistert.

http://www.christojeanneclaude.net/projects/the-floating-piers#.VoVLD7RCelU

Informationen auch auf der neuen Facebook-Seite: https://www.facebook.com/bildschoenemedien