Sehnsucht nach dem Norden

Kann man einen besonderen Ort „tanken“, „abspeichern“ und so in sich aufnehmen, dass er einem erhalten bleibt? So dass man in Gedanken dorthin reisen kann, wenn einem gerade danach ist. Schön wenn das ginge, um die Sehnsucht zu stillen, zum Beispiel die “Sehnsucht nach dem Norden”. Filme, Fotos und Erinnerungen können dabei behilflich sein. So sei es, verbunden mit ein paar Reisetipps für all die, die den Norden noch erkunden wollen.

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Unsere Reise im Sommer 2020 führt uns über Polen, das Baltikum – Litauen, Lettland und Estland nach Finnland. Von Finnlands Hauptstadt Helsinki in Richtung Norden, durch Lappland, vorbei am Inarisee, direkt nach Norwegen. Von der finnisch-norwegischen Grenze ist es nicht mehr weit nach zum Nordkapp – jenem legendären nördlichsten Punkt Europas, nur noch rund 2500 Kilometer vom Nordpol entfernt. Und schließlich über die Landschaften und Inseln von Senja, den Vesterålen und Lofoten wieder südwärts. Weiter über die norwegisch-schwedische Grenze durch Lappland entlang der schwedischen Ostseeküste wieder heimwärts.

Finnland - das unendliche Land der Sauna

Ich kenne in Finnland eigentlich nur Helsinki, von Besuchen vor langer Zeit. Und was soll ich sagen: Helsinki hat unglaublich aufgeholt und zeigt sich als moderne coole Fahrradstadt. Auch wir sind per Rad unterwegs und beeindruckt von der Mischung aus historischer und moderner Architektur. Beeindruckend die neue Zentralbibliothek Oodi, für Jedermann ohne Schranken zugänglich.
200 Kilometer entfernt von Helsinki liegt Tampere, große finnische ehemalige Industriestadt mit mehr als 200.000 Einwohnern. Liebevoll restauriert die alten Industriegebäude, die alle am Fluss liegen; die Wasserkraftwerke brachten den Reichtum. Und produzieren den Strom für die vielleicht coolste öffentliche Sauna Finnlands. Ein großes Vergnügen! Gemischt und bekleidet besucht man die Sauna nur kurz bei 110 Grad und springt dann in den See! Die Finnen machen sich lustig über die Deutschen, die mit der Stoppuhr ihre Ausdauer in der Sauna messen. In dieser Sauna ist es wie im Bienenschwarm und im Hühnerstall zugleich – ein Kommen und Gehen, kein Wunder bei der hohen Temperatur. Und danach wird ordentlich geratscht und getrunken. Überall im Land gibt’s Saunen, angeblich 3,5 Mio für 5,5 Mio Finnen.

https://www.rauhaniemi.net/info/auf-deutch/

Weiter gehts Richtung Lappland – und wieder einmal hat sich der weite Weg gelohnt für diese beeindruckende Landschaft! Und schwitzen muss man auch nicht. Endlich auch mal ein Besuch am legendären Inarisee – natürlich auch mit Sauna.

Wetterglück am Nordkapp

Die Entscheidung fürs Nordkapp ist gefallen. Wir verlassen Finnland hoch im Norden und fahren über den Grenzfluss Anarjohka direkt nach Norwegen. Überall hier ist Samiland, das Land der Samen – man merkt es an den Rentieren. Von Russland über Finnland, Norwegen und Schweden erstreckt sich das traditionelle Siedlungsgebiet der Samen. Im Supermarkt in Karasjok treffen wir eine ältere Dame in Tracht, das ist selten geworden. Und bereitwillig lässt sie sich fotografieren – mit Klopapier ein tolles Symbolfoto für den Alltag der Samen, die zum größten Teil mittlerweile ganz normal leben. Im norwegischen Karasjok haben sie ihr Parlament.

Von Karasjok bis zum Nordkapp sind es nur noch 250 Kilometer. Die Landschaft wird karg und erinnert daran, dass hier zumeist sehr ungemütliches Wetter herrscht. Ich liebe diese Weite, zumal bei diesem Wetter. Und je näher man zum Nordkapp kommt, umso mehr Rentiere begegnen uns. 

Wir haben nun schon zum zweiten Mal am Nordkapp großes Wetterglück. Immer wieder bricht die Sonne durch die Wolken und es ist nahezu windstill – eine Seltenheit am Nordkapp. Auch in der kurzen Nacht auf dem Nordkapp-Felsen auf der Insel Magerøya. Beim Sonnenuntergang gegen 22 Uhr und dann auch beim Sonnenaufgang ab 2.30 Uhr – es ist der 13. August und da werden die Tage schon wieder kürzer. Die Sonne scheint nicht mehr rund um die Uhr, hell bleibt es aber trotzdem.  

Und dann geht es nur noch südwärts … was auch sonst! Über Alta (https://www.altamuseum.no/en/)  und die tausende Jahre alten Felszeichnungen  und Tromsø in Richtung Nordatlantik-Küste – mit spektakulärem Wetter. Über die Insel Senja, die Inseln der Vesterålen geht es weiter auf die Lofoten. Das Wetterglück hat uns verlassen, aber wer in den hohen Norden reist, weiß worauf er sich einlässt. Mütze und Handschuhe gehören auch im Sommer ins Gepäck!  Eine geplante Wanderung auf Senja muss ausfallen. Doch auch bei dicken Wolken, Regen und Sturm haben die vielen norwegischen Inseln im Nordatlantik großen Charme!

Die Lofoten – sie sind für uns ein Stück Heimat. Auch wenn die Orte touristisch sind, wir mögen sie. Zum Beispiel Henningsvaer. Der Ort hat sich Charme bewahrt, die Lage auf Felsen im Meer ist genial und der Fußballplatz, der aus der Luft gesehen, im Wasser schwimmt, hat sich zum Hotspot der Drohnenpiloten entwickelt. Da gilt es Kollisionen in der Luft zu vermeiden.

Spektakuläres Erlebnis

Die Lofoten habe ich ein Dutzend Mal besucht, doch dieses Mal gibt es ein einmaliges Erlebnis. Dass es Orcas rund um die Lofoten gibt ist bekannt. Vor allem im Winter kommen sie, um hier Hering zu jagen. Doch im Sommer sind sie selten hier. Und so haben wir großes Glück als wir sie an der Ostküste der Lofoten zwischen Moskenes und Reine entdecken. Eine große Gruppe, mehr als zehn Orcas. Eine Stunde lang können wir sie an der Küste begleiten und ganz nah erleben. 

Die Tierwelt Skandinaviens ist faszinierend. Tiere so nah und ungestört zu beobachten – einer der Gründe für die Sehnsucht nach dem hohen Norden.

Das große Finale – Skandinavien im Winter

Unsere Reise geht zu Ende – mit einem großen Finale im Norden Schwedens. Der Nationalpark Abisko ist ein magischer Ort. Einmalige Natur in wunderbarer Lage, ein Glücksfall für die Besucher und den schwedischen Tourismusverband STF, der im Nationalparkzentrum die Besucher abzockt. Wir haben uns dort zwei Tage einquartiert und erleben in der ersten Nacht ein wunderbares Nordlicht. Über eineinhalb Stunden vollzieht sich die Lichterscheinung am klaren Himmel über dem See Torneträsk und dem Berg Nuolja. Wissenschaftler können das Phänomen gut erklären. Uns fasziniert das unterschiedlich starke grüne Licht, das über den Himmel zieht und sich dabei ständig verändert.

Frieren müssen wir bei der Beobachtung auch nicht, denn es ist für den März mit Temperaturen um den Gefrierpunkt viel zu warm – der Schnee schmilzt wie es hier sonst im Mai üblich ist. Und so entscheiden wir am kommenden Tag auch, dass wir in den nahen Skigebieten Björkliden und Riksgränsen nicht Skifahren, denn dafür ist es eigentlich zu warm. Stattdessen fahren wir auf den Berg Nuolja und ich steige mit Schneeschuhen noch zum Gipfel hinauf. Beeindruckende Ausblicke über die Weiten des Nationalparks belohnen mich.

Schließlich am letzten Tag unserer Reise Abschied von Abisko und noch ein Abstecher zum Icehotel in Jukkasjärvi. Findige Unternehmer bauen dort seit vielen Jahren im November und Dezember gemeinsam mit Künstlern ein Hotel aus Eis und Schnee. Dafür werden gerade jetzt im März auf dem großen Fluß Torneälv direkt hinter dem Hotel zwei Tonnen schwere Eisblöcke gesägt und bis zum Herbst eingelagert. Dann werden aus dem besonders klaren Eis Kunstwerke für die Gestaltung der Hotelzimmer, der Halle, der Bar und der Kirche geschaffen. Die eigentlichen Mauern werden aus einer Mischung aus Schnee und Eis gefertigt, das mit Hilfe von Schneekanonen produziert wird. Für die besonders großen Räume werden Ballons aufgeblasen und mit dem Eis-Schnee-Gemisch besprüht. Später wenn alles gefroren ist, wird aus den Ballons die Luft herausgelassen und sie werden herausgeholt. Wir sehen uns viele der kunstvollen Hotelzimmer an, die Kirche und die Hotelhalle. Die Eisbar ist zwei Tage zuvor eingestürzt, weil es schon zu warm ist. Beeindruckend auch wie gerade die Eisblöcke für den nächsten Winter aus dem Fluß geholt werden. Allemal eine Reise wert – man muss ja nicht in dem -5 bis -7 Grad kalten Hotel schlafen, um es zu besichtigen. Das kann man gegen einen Eintrittspreis auch so tun.

Die Reiseroute unserer zwei Wochen in Lappland und auf den Lofoten, Quelle: Google:

Route Ostern 2016, Quelle Google

Die hohe Kunst

Es hat schon eine große Portion Mut dazu gehört, als Eva Schmutterer (63) vor 20 Jahren nach Norwegen gezogen ist. Sie zog zu ihrem späteren Mann in das 38 Einwohner zählende Dorf Kamøyvær. Und das liegt am Nordende des 2500 Kilometer langen Landes. Das Dorf Kamøyvær gehört zur Nordkapp-Gemeinde und Eva ist glücklich hier. Ich konnte sie besuchen und mit ihr reden und drehen.

In Nürnberg hat sie als Sozialpädagogin in Gostenhof gearbeitet, doch dann lernte sie auf einer Feier einer Freundin ihren heutigen Mann kennen. Schon zuhause hatte sie in ihrer Freizeit Spaß an der Kunst gehabt. Und in der neuen Heimat hat sie sich dann ganz ihrer Kunst gewidmet. Und nach einer Durststrecke hat sie mit ihren Bildern großen Erfolg. Rund 20.000 Menschen kommen jedes Jahr – vor allem im Sommer – in ihre Galerie “East of the sun” und kaufen ihre Bilder und Bücher. Der Vorteil ihrer Galerie: sie liegt 25 Kilometer vor dem Nordkapp in einer Gegend, die an touristischen Attraktionen abgesehen von einer atemberaubenden Landschaft nicht viel zu bieten hat.

P1350825Ihre Arbeiten entstehen in einer außergewöhnlichen Technik: Eva zeichnet einen Entwurf und sucht sich dann die einzelnen Farbflächen auf Fotos in Katalogen, Prospekten und Zeitschriften aus. Die werden ausgeschnitten und geklebt. Und so entsteht ein Bild, das später gescannt und gedruckt wird. So kann man hochwertige Drucke oder auch Originale bei ihr kaufen. Die Motive bietet ihre Heimat Norwegen: Landschaften und Tiere, die unterschiedlichen Farben, die der Himmel während des Jahres zu bieten hat.

Ich bin von Eva spontan sehr freundlich aufgenommen worden und sie kann wunderbar erzählen. Das Ergebnis gibt es in der Abendschau im BR Fernsehen:

http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/abendschau/norwegen-nordkap-nuernberg-100.html

Und hier der Link zu ihrer Galerie: http://www.evart.no/#home

Wo die Berge ins Meer fallen – auch im Winter

Von Lappland aus starten wir in Richtung Lofoten. Der Weg führt uns über den Polarkreis und das Gebirge an der schwedisch-norwegischen Grenze hinunter Richtung Atlantik. Die Küstenstraße in nördlicher Richtung und dann bei herrlichem Wetter mit der Fähre Bognes-Lødingen Kurs Lofoten. Ein unbeschreiblicher Sonnenuntergang über der Küste. Und schließlich die Fahrt über die Ausläufer der Inseln in Richtung Lofoten. Die Inseln präsentieren sich zunächst von ihrer schönen winterlichen Seite. Der Lofotfischfang ist in vollem Gange. Der Dorsch wird entweder gleich in einer der vielen Fischfabriken verarbeitet, filetiert und eingefroren oder an einem der Trockengestelle aufgehängt – bis zum Sommer wird daraus der berühmte Trockenfisch (Lutefisk). Das Osterwochenende ist leider sehr durchwachsen, aber wir haben eine gemütliche Fischerhütte, eine so genannte Rorbuer in Svolvaer gebucht.

Am Ostersonntag besuche ich den Gottesdienst in der Lofotenkathedrale, der größten Holzkirche des Nordens. “Påskedag” heißt Ostern auf norwegisch. Viele Kinder werden getauft; die Mütter und Patinnen kommen in norwegischer Tracht. Die Kirche zu besuchen, scheint in Norwegen doch eher die Ausnahme. So erklärt die Pfarrerin fröhlich zu Beginn der Messe, wann die Gemeinde mit Amen zu antworten hat. Und sie zählt “3-2-1” und alle üben gemeinsam das Amen. Bis 2012 war die evangelische Kirche in Norwegen die Staatskirche, dann jedoch entschied das Parlament die Trennung von Staat und Kirche:

https://kirken.no/nb-NO/church-of-norway/

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Und dann gibt es noch den Blogeintrag von unserem Besuch im Sommer:

https://bild-schoen-medien.de/lofoten-wo-die-berge-ins-meer-fallen

Und noch zwei Tipps zu den Lofoten. Eine tolle Lofotenseite mit vielen Wandertipps:

http://rando-lofoten.net/index.php/de/

Und dann ist da noch die leckere Bäckerei in Kabelvåg. Bei Facebook zu finden: Bakeriet i Kabelvåg.